Die Kunst des Bücherbindens

Wie meine Doktorarbeit zum Buch wurde

Die Fadenrückenheftung

Meine Liebe zu Büchern und zum Handwerk stellten es außer Frage, dass ich meine Doktorarbeit selbst binden würde.

Nach sechs Monaten erfüllt von fleißigem schreiben, lesen, analysieren, zeichnen, neu schreiben, setzen und layouten war sie endlich fertig – die Frucht meiner Zeit als Doktorandin.

Endlich ging es nun also daran, die hart erarbeiteten Inhalte in ihre entsprechende Materialität zu geleiten.Drei Tage lang verschwand ich, um die ersten sechs Bücher zu binden. Hier zeige ich euch was in diesen drei Tagen geschah.

384 Seiten – 94 Blatt je Buch – 24 Seiten je Lage – 16 Lagen à 6 Blatt 
Buchbindekunst
1. Schritt: Falten…

Fünf Stunden lang habe ich 564 Blatt Papier einmal exakt in der Mitte gefaltet… ich habe gehört, es gibt Drucker die das können…

Auf jeden Fall werden je sechs Seiten zu einer Heftlage ineinander gelegt.

2. Schritt Löcher

In jede Lage werden dann mit der Ahle exakt in die Falz Löcher vorgestochen. Da ich drei Bänder mit einnähen wollte, habe ich pro Lage acht Löcher gestochen.

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3. Schritt: Heften

Es war wahrlich eine Wohltat nach dem Falten nun den Buchblock nähen zu dürfen. In meiner selbstgebastelten Heftlade heftete ich mit Buchbindernadel und zuvor gewachstem Buchbinderzwirn jeweils sechzehn Heftlagen zu einem Buchblock.

Auf die Buchblöcke wird dann vorne unten hinten mit einem schmalen Leimstreifen das (etwas festere) Vorsatzpapier aufgeklebt, das später in den Einband geklebt wird.

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4. Schritt: Ableimen

Die Rücken der fertigen Buchblöcke werden nun einmal mit Leim bestrichen, damit sie anschließend beim Beschnitt die Form halten.

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5. Schritt: Beschneiden

Als nächstes werden die offenen drei Seiten des Buchblocks beschnitten. Zu diesem Zweck wurde ich sehr glücklich Besitzerin eines Beschneidehobels, den ich nun auch nicht mehr hergeben möchte.

Durch den Beschnitt bekommt das Buch einen wundervoll geraden Schnitt und blättert sich wunderbar.

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6. Schritt: Runden und Leimen

Die fertig beschnittenen Buchblöcke gingen dann zum abpressen, runden und leimen wieder zurück in die Buchpressen. Die Buchrücken bekamen hier ihre schönen runden Rücken. Durch den Leim würden diese dann auch „auf ewig“ ihre Form behalten.

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7. Schritt: Heftgaze, Kapital- und Zeichenbänder

Zugegeben, Bänder und Gaze sind doppelt gemoppelt… aber schön.

Was wäre ein schönes gebundenes Buch ohne Zeichenband? Diese werden auf der Seite des Kopfschnittes einfach auf den Buchrücken geklebt. Außerdem wird an Kopf- und Fußschnitt, den Kapitalen, Kapitalband aufgeklebt. Früher wurde das Kapital genäht, natürlich musste ich das (für ein einzelnes anderes Buch) ausprobieren, aber für so viele Bücher und unter dem gegebenen Zeitaspekt war es so doch einfacher.

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8. Schritt: Zum Abschluss des Buchblocks…

… nach all dem Leim, der nun wahrlich jede noch so winzige Ritze verschließt, wird der Rücken mit einem Papierstreifen versiegelt.

9. Schritt: Besiebdrucktes Buchbinderleinen

Während die fertigen Buchblöcke eine Nacht zum Trocknen bekamen, machte ich einen kurzen Ausflug in die Welt des Siebdrucks. Die dem Druck zugrundeliegende Bilder entstanden gemeinsam mit dem wunderbaren Photographen Ray Behringer mit dem Kollodium-Nassplattenverfahren. Durch die Silberphotographie bannten wir eine Auswahl liebevoll gesammelter Getreide auf Glas, wie im Jahre 1851.

Mittels Siebdruck gelangten jene Bilder auf dem Buchbinderleinen und gaben so den fertigen Büchern eine angemessene Außenhülle.

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10. Schritt: Der Einband

Aus für die Buchblöcke zugeschnittener Graupappe wird die Buchdecke. Für den Rücken ist die Pappe etwas dünner und bevor ich den schmalen Streifen auf das Leinen geklebt habe, nahm ich eine Holzstange zur Hilfe und verpasste ihm schon einmal eine leichte Rundung. Auf die kaschierte (mit einem sehr dünnen Papier bezogene) Seite des Leinens habe ich dann jeweils die entsprechenden drei Teile aufgeklebt (so, dass sie schön auf meinen Druck passen) und die vier Ecken außen abgeschnittenen.

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Das Leinen muss schön glatt gestrichen werden und auch die letzte mögliche Luftblase weichen, bevor dann abschließend auch nach innen beleimt und umgeschlagen wird.

Tadaa, sieht doch gar nicht mal so schlecht aus.

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11. Schritt: Ein Buch

Nun müssen nur noch die Buchblöcke in ihre jeweiligen Einbände geklebt werden, die Zeichenbänder ordentlich einlegen und dann dürfen sie noch ein letztes Mal in die Presse.

Am nächsten Tag fuhren dann insgesamt fünf der sechs jungfräulichen Bücher mit mir nach Mainz, damit vier von ihnen mit der dortigen Universität ihren Bestimmungsort erreichten.

Mit der Abgabe der Bücher war das Promotionsverfahren offiziell eröffnet. Ein halbes Jahr später fand dieses dann mit meiner Verteidigung seinen krönenden Abschluss. Die endgültige Fassung dieses für mich so besonderen Buches unterscheidet sich nur in einigen Kleinigkeiten, ist aber insgesamt vor allem noch ein bisschen schöner geworden 🙂

error: Sorry, aber wenn du Interesse an meinen Bildern hast, dann schreib mir doch bitte.